aktualisiert 01.2024
Moin,
diese Site über Groß
und Klein Zünder in der Danziger Niederung befindet sich im
Entwicklungsstadium. Inhaltlich gibt es noch viele Lücken, Fehler und
Fragen, die sukzessive hoffentlich geschlossen werden können. Wer mag,
kann gerne in dieser Unvollkommenheit herumstöbern.
Hinweise, Kritiken,
ergänzende Materialien, etc.: Alles ist willkommen.
Beste Grüße aus Potsdam,
Rainer MueGlo
2010 stoße ich auf den Artikel von Eugen B.
Jantzen, Schiffsbauingenieur, der erste Vorsitzender des Vereins für
Familienforschung, Wappen- und Siegelkunde in Danzig von 1919 bis 1929:
Er listet dort die Hofbesitzerfolgen in
Groß und Klein Zünder anhand der Hofmarken
auf.
Mit der Hofmarke wird seit mindestens dem 17. Jahrhundert Haus, Vieh, Geräte,
die Kirchenbank und anderes markiert. Die Hofmarke ist an
den Hof gebunden, nicht an den Eigentümer. Auch im Rechtsverkehr wird
sie verwandt, d.h., in Grundbüchern und sonstigen Dokumenten erfolgt nicht
der Eintrag des Namens des Besitzers, sondern die Hofmarke. Verwendung
finden die Hofmarken im Danziger Werder bis circa 1870.
Ich bin elektrisiert: In dem Artikel
finden sich Namen von Altvorderen im 18. Jahrhundert, die ich aus dem
NS-Ahnenpass von 1938 der Tante kenne.
Der Titel von Jantzens Artikel erweist
sich als irreführend. Es geht nicht um "Die Bewohner" sondern um
diejenigen Bewohner, die Höfe besaßen, d.h., um die Nachbarn /
Mitnachbarn und ab dem 19. Jahrhundert "Hofbesitzer". Außen vor
bleiben die Handwerker, die Gärtner, die Eigentümer und das Gesinde, die Dienstboten,
Knechte und Mägde. Jantzens Titel und Sichtweise geht offensichtlich in
Richtung dessen, was der Alte Herr um 1980 über die Zeit 1924 - 34 im
Werder schreibt:
Und die Landarbeiter, die in den Katen wohnten?
Die redeten die Bauern mit "Gnädiger Herr" an und wurden mit Vornamen
angesprochen. Über deren Nachnamen weiß ich nichts – aber sie zählten im
Werder sowieso nicht. Nur die Bauern, zur Not noch der Pfarrer, wenn er
Skat spielen konnte und einen Schnaps mochte.
Doch je mehr und öfter ich in dem Artikel
herumstöbere desto irritierter werde ich aus zwei Gründen:
a) Kein einziger Nachname erscheint mehr als als zweimal hintereinander
- Vater - Sohn. Danach kommen andere Namen, in einigen Fällen irgendwann
wieder der erste Name. Was bedeutet das?
Ich frage
im
www.Forum.Danzig.de nach und Gerhard Sinus antwortet:
Die Zeiten waren hart
damals im Werder. Überschwemmungen vernichteten Existenzen. Hinzu kamen
Pest, Typhus- oder Cholera-Epidemien, Kriege und Zerstörungen. Die
Werderbauern hatten es nicht leicht. Als die Zeiten friedlicher wurden,
waren häufig wirtschaftliche Schwierigkeiten die Ursache für den
Besitzwechsel. Meine Tante hatte mir von einigen Höfen berichtet, wo der
Inhaber "ausgebauert" hatte, also pleite war.
Ein weiteres Problem war die Erbfolge. In einigen Gegenden war es
Brauch, dass der jüngste Sohn den Hof erbte. Das hatte zur Folge, dass
die älteren Söhne beizeiten den Hof verließen, entweder in einen anderen
Hof einheirateten oder nach Danzig gingen und Kaufmann oder Handwerker
wurden. Geschah nun dem jüngsten Sohn etwas, standen die älteren Brüder
für die Hofübernahme nicht mehr zur Verfügung und der Hof wurde
verkauft.
Das klingt logisch ... Groß und Klein
Zünder liegen in der Einfallsschneise zu Danzig. Jedes Mal, wenn es
militärisch gegen Danzig ging, saßen die Städter gut
geschützt hinter Mauern, und die Bevölkerung der Danziger Niederung wurde
heftig gebeutelt, sei es von feindlichen, sei es von befreundeten
Truppen.
Falls Sinus' Aussage zutrifft dann bedeutet
das,
soziologisch gesehen, eine extrem instabile Dorfgemeinschaft. Ist das
so?
Je tiefer ich in die Materie einsteige
desto mehr schält sich heraus, - zumindest für Groß und
Klein Zünder - dass überraschend häufig
der Hof an den zweiten Ehemann der Witwe oder an die Tochter bzw. deren eingeheirateten Ehemann
übergeht - woraufhin sich der Besitzername des Hofes verändert, dieser
jedoch in der Familie bleibt. Auch erfolgen Käufe und Verkäufe innerhalb
der Familie. Im Ergebnis erweist sich die Gemeinschaft der "Mitnachbarn" trotz
aller Katastrophen viel
stabiler als zuerst vermutet. - Weitere Analysen stehen an.
b) Mit Bezug auf das Kirchenbuch listet Jantzen für 1733 20 Höfe in Groß
Zünder (GrZ) und 17 Höfe in Klein Zünder (KlZ), mithin insgesamt 37
Höfe. Gleichzeitig stellt er 75 GrZ / KlZ zugeordnete Hofmarken dar,
mehr als das Doppelte der Zahl an Höfen. Wie passt das zusammen?
Sukzessive stellt sich heraus, dass
etliche der Hofmarken sich auf den gleichen Hof beziehen -
mehr ...
Jantzens Quellen sind neben diverser
Literatur u.a.:
-
Aktenbündel, betitelt "Werderscher
Amtskasten", 1800, 7, 169b, Staatsarchiv Danzig - bisher kein
Zugang
-
Kirchenbücher von Groß-Zünder
(Pfarrerarchiv Gr.-Z.),
genauer: Die Kirchenchronik von 1733 mit einer Auflistung der Höfe
mit Hofzeichen und den folgenden Besitzern - fast durchgehend ohne
Jahreszahlen - bis ca. 1810, begonnen von Pfarrer Johann Moneta.
Es gibt jedoch erheblich mehr an
Materialien aus und über GrZ / KlZ, u.a.
-
Das Kirchenbuch mit den Geburten /
Taufen, Heiraten und Sterbefällen von April 1648 bis August 1944
-
Das Kirchenbuch mit den Kollekten von
1743, 1749 und 1750 für diverse Reparaturen am Kirchturm, der
Kirchuhr und der Orgel, 1749 und 1750 mit den jeweiligen
Unterschriften der Spender
-
Die Landesaufnahme von 1793 nach der
"2. Polnischen Teilung", die die Einverleibung der Freien Stadt
Danzig durch Preußen zur Folge hat. Die preußischen Könige führen die
Landesaufnahme durch zwecks Feststellung, was die neuen
preußischen Untertanen denn so an Steuern abzuführen hätten.
-
Die Kirchenchronik von 1836 mit einer
zweiten Liste der Höfe mit den Hofmarken und Besitzern, explizit
Bezug nehmend auf die Liste von 1733, erstellt von Pfarrer Maximilian
Friedrich Braunschweig, fortgeschrieben bis ca. 1870.
Außerdem:
-
Michael Hancke (1619): Handschrift:
Die Herren des Werders ...
-
Mehrere Lebensbeschreibungen der
Familie Kling - Behrendt in GrZ
-
Wannow, Richard (1928) sowie Wannow,
Wolfgang (1996): Geschichte der
Familie Wannow (Wannovius)
-
Wessel, Max (1926): Gedenkbuch der Familie Wessel, Ein Beitrag zur
Geschichte des Danziger Werders
-
Adress- und Telefonbücher von 1858,
1888, 1910, 1914, 1927/28, 1942
-
Staatsanzeiger Danzig 1933 - 1936 mit
den Anträgen und Bescheiden zur Entschuldung
-
Bertha Neeff: Gemeindeseelenliste KlZ,
ca. 1955 - Karte mit den Höfen, Stand 1945
-
Diverse Karten
Alle diese Quellen plus
Kirchenbucheinträge der Taufen, Heiraten und Sterbefälle ermöglichen
zumindest eine partielle Rekonstruktion der Hof- und Familienfolgen in
Klein und Groß Zünder zwischen 1592 und 1945.
Mittendrin die Altvorderen Hendrichsen, Schumacher,
Störmer, Kiep, Eichholtz, Bollhagen, Müller, Kohl, Kling, Behrendt und
viele andere.
Mich
interessiert,
Alle oben erwähnten Familien stellen als
"Nachbarn" bzw. "Mitnachbarn" (17. / 18. Jahrhundert) und "Hofbesitzer"
(19. / 20. Jahrhundert), "Landwirte" und "Bauern" während der NS-Zeit,
Schulzen, Dorfvorsteher, Kirchenväter / -vorsteher, Deich- und
Schlickgeschworene, Schöppen und Deichgräfe in Klein
und Groß Zünder. Eventuell fungiert ein Kiep als letzter deutscher
Dorfvorsteher in Klein Zünder. Und Bruno Müller, Eigentümer des
Müller-Hofes in Klein Zünder, ist Mitglied
des Danziger Volkstages von 1930 bis 1933. Das bedeutet, dass 350 Jahre Altvordere die dörfliche Elite bilden.
Wie funktioniert das? Die sich als erstes
aufdrängende Antwort lautet: Man heiratet untereinander. Das ist
sicherlich ein sehr starkes Element zur Erhaltung einer Gruppe / der
führenden Schicht eines Dorfes. Aber irgendwie reicht das nicht: Bis
eventuell auf die Hendrichsen wandern die "Stammväter" aller o.a.
Namensträger im 18. oder 19. Jahrhundert nach Groß und
Klein Zünder ein, zum Teil von diesseits der Weichsel, zum Teil von
jenseits. Einige kaufen Höfe, die meisten heiraten in einen Hof ein und
machen eine beeindruckende Karriere im Dorf. Wie und nach welchen
Kriterien erfolgt die Selektion der potentiellen Hofnachfolger? Viele
Fragen ...
Der Ausgangspunkt der Besitzerfolgen der
einzelnen Höfe ist Jantzens Artikel auf der Basis der Aufstellung 1733
von Pfarrer Johann Moneta - was Jantzen bereits einmal entziffert hat
muss ich ja nicht noch einmal entziffern. Soweit sich Abweichungen
ergeben sind diese kenntlich gemacht.
Korrekturen, Ergänzungen, Fragen, Ideen
und Materialien sind willkommen.
MueGlo
|
Inhaltsverzeichnis
-
Chronik der Ereignisse
-
Jantzen: Die Bewohner ...
-
Hofmarken
- Michel Hancke: Herren des Werders - Handschrift
1619
-
GrZ
-
KlZ
-
Danziger Bürgerbücher
1536 - 1814
Bürger aus GrZ & KlZ
-
Die Glocke der Kirche von GrZ
von 1649
- Kb Chronik
-
Kb Chronik 1733
- Kollekten 1743, 1749 und 1750
- Landesaufnahme 1793 - GrZ
- Landesaufnahme 1793 - KlZ
-
Kb Chronik 1836
-
Alphabetisches Register der Nachbarn & Hfb
-
Prediger
& Pfarrer
- Lehrer
in GrZ
- Lehrer
in KlZ
-
Wetterfahne
- Über das
Kb GrZ sowie die Standesamtsregister
- GrZ / KlZ in Adressbüchern
-
Orte
-
Berufe
-
Begriffe
/
Erläuterungen
-
Quellen
Analysen
(Ideen für Arbeitstitel)
- Bevölkerungsentwicklung
- Herkunft der Eingewanderten
- Kindersterblichkeit
- Innerfamiliäre Heiraten
- Der Anfang des Endes der gesellschaftlichen
Ordnung
- Ökonomie
Danksagung
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