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Chronik Anno 1734 |
Anmerkungen |
April |
In blauer Schrift: Nachträge am Rand
von Prediger Johann Moneta |
d. 2. hielten zum erstenmal 9 Russen bey mir an, und
baten gantz höfflich umb was bier und brandtwein, so ihnen auch gegeben
wurde. |
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Vom 10. biß 11. in der Nacht haben die Russen die
hinter Schidlitz, die Molle, Schlagke, die grand schantz und den
Haußberg abgebrandt. |
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d. 16. Vormittag kamen Ihre Excell. der Rußl. hl.
Gen. Feld-Marchal Burkhard Christof, Graf von Münnich, Ritter des St.
Andr. und Alexander-Ordens zum erstenmal auf ein Frühstück zu mir, in
Begleitung des herrn Graf Kutowsky, einem natürl. Sohn des vorigen
Königs Augusti, und noch vielen sächs. cavaliers; seiner hl. Sch...(?)
Sohns, Obrist Leut. und Baron von Malzahns in brandenbl. Diensten; des
General-Adjutanten Malatinsky, des General-Adj. Oberl. F???, des Gen.
Staadt-Quartier-Meister Solomovsky, und noch etlichen Obristen und
dergl. cavaliers, und einem großen Gefolge (* so daß die gantze suite
über ... Personen...) von Dragonern, Husaren und Cosaken. Ihro Excell.
kamen von dem Haupte, welches sie recognosciret hatten,
und ritten nach der Ohra, als ihrem Haupt-quartir hir durch zurück. Und
wiewol ich eben nicht zuhause, sondern in Truttenau in Amtsgeschäfften
vor den abwesenden Herrn Steinhauer war; so geschah doch in meinem Hause
kein turbation, sondern meine frau genoß alle Höftligkeit, Ihro Excell.
nahmen vorlieb, was sie funden, und waren sehr gnädig, und die
Dorffschaft brachte sogleich die benöthigte fourage zu.
Eod. hatten die Dantziger die andere helfte der
Mottlauschen Gaßen in Brand gesteckt, und sie nebst der barmhertzigen
Kloster und Kirche gäntzlich eingeäschert und hat es auf 3 Tage gebrand. |
Burkhard Christof, Graf von Münnich - siehe oben |
Eod.
Ritte ich auf befehl des hl. Feld.March. in Gesellschaft Peter
Schultzen, Nachbar von hir, nach der Ohra, und hatte daselbsten den Tag
drauff
d. 17. bey Ihro Excell. Vormittage eine 2stündige
gnädige audience, zu der ich durch den hl. Obristen von Ponickau
befordert wurde. Es ertheilten mir auch damals Ihro Excell. so wol eine
Libertation, oder schriftl. Salvaguarde vor mich und mein gantzes Hauß,
wie auch einen offenen passport vor meinen knecht.
Eod.
hatten die Dantz. 2 höfte in Wonneberg angestecket.
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Peter Schultz, Nachbar
Hof
GrZ 08 |
d. 20. zog der Leutn. Scurata von Großzinder mit
seinen Leuten, und
d. 22. der Leutn. Galvazow mit seinen von
Kleinzinder ab: doch der fehnrich von Kulm, vom Narvischen Regim. blieb
mit seinen 12 Mann noch bei Andr. Wulffen stehen, welches quartir vorhin
der fehnrich Müller von demselbigen Regimente vor sich und seine Leute
choisiret hatte, der am 18. dieses durch den von Kulm von hir abgelöset
wurde. |
Andreas Wulff (II), Nachbar
Hof GrZ 06 |
Vor dies Jahr ward nun in Großzinder der sonst
gewöhnliche Jahrmarkt eingestellet. |
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d. 23. Am stillen Freytag war wegen befürchtender
Stöhrung sogar keine Vesper gehalten. |
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d. 24. Abends umb 10 Uhr brandten die Russen die
Nobel, Krams, Heubude, Bonsack und noch ein groß Stück der Nehrung, ???
auch unterschiedl. Orten auf der Höhe gäntzlich ab, welches ein recht
entsetzlich Feuer war. |
Mit Krams dürfte Krampitz gemeint
sein. |
d. 25. Am ersten Ostertage war wegen des auf- und
abmarchirens keine vesper sondern nur eine Betstunde gehalten. |
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Eod.
Kam ein fehnrich vom Ladog. Regiment mit 12 Mann auf execution wegen
proviant nach Großzinder und nahm in Sieverts Hoff quartier; doch
verblieb er hier nur etl. Tage, da ging er nach Schönau. |
Adrian Sievert, Nachbar
Hof GrZ 07, der am 10.03.1734
verstorben war. |
d. 29. Zu Abend war in Schönbaum Feuer in etliche
Höffe geworffen. |
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d. 30. Wurden durchs dorff geführt 1 mortir, 118
bomben, etl. Feld-Stücke, 15 ammunitions- und sonst viele bagage-Wagen;
so biß ans Haupt auf der Weichsel mit Schmaken waren gebracht, bey
Käsemark außgeloofet, und von daselbst hierdurch weiter nach der Höhe
ins Rußl. Lager, mit um jehlichen podwoden aus dem Werder, auch von
vielen anderen Orten her, transportiret wurden. Da dann noch den
selbigen Tag angefangen wurde bomben in Dantzig hineinzuwerffen. Wiewol
nun der Feind nicht gefeyert die Stadt täglich damit recht sehr zu
ängstigen, so daß biß zum 21. May über 3000 bomben in die Stadt
geworffen worden, so ist doch gottlob! durch sie niemals ein brand weder
in Kirchen noch Häusern causiret worden. |
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Majus |
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d. 1. Gingen durch 2 mortiers, 300 bomben auf 100
Wagen, 50 ammunitions und sonst viele podword-Wagen, und blieben sie
stets hier im Dorff aufs Nachtquartier, daß denn den Leuten viel molest
[Unbequemlichkeiten] verursachte.
Eod.
War der artillerie Obrist-Leute von Witten auf ein frühstück bey mir. |
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Vom 4. biß 10. sind abermals 4 mortiers, 3 große
canonen, 6 kleinere, viel 1000 Kugeln, viel 100 centner Pulver, viel
1000 cartetschen, und über 2000 bomben auff sehr vielen Wagen
durchgeführet worden. |
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d. 7. hat der hl. Gen.Feld Marchal Excell. bey
seiner retour auß der Nehrung, zun andernmal bey mir Mahlzeit gehalten. |
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d. 11. und 12. Wurde das übrige der Nehrung biß an
Stutthoff zu it. im Werder alle Häuser und Krüge von der Stadt biß
Quadendorff selbst die Dorff. Plenendorff, Reichenberg und 2 höffe auf
Wotzlaff, ferner die Saßigen und alles was rund umb her ist biß nach
Putzig zu, von den Russen abgebrannt, zur revange, daß ihnen am 9. zur
Nacht der Sturm am Hagelsberg bey der Stadt mißlungen war. In Bohnsack
ging das Pfarrhauß mit in Rauch auf, weil der Prediger abwesend war,
wobey er alles seinige verlohren, indem er wenig oder gar nichts
salviret hatte. Die Kirche blieb zwar stehen, doch wurde sie in den
Grund ruiniret und geplündert. Zu Reichenberg hergegen brannte nicht
allein das Pfarrhauß, weil hl. Nagel auch abwesend war, gantz ab, mit
allem was er drin gelaßen, sondern auch die Kirche mit, wiewol war,
indem sie nicht von den Russen war angesteckt worden, sondern weil der
starke Wind ein Wisch brennend Stroh oben in die Spitze an die
Schindeln, womit der Thurm gedeckt gewesen, geworffen hatte, wodurch die
gantze Kirche biß in den Grund eingeäschert ward, indem sie keiner
rettete. Darumauch sollte nun die Kirche an Käsemark, Letzschkau und
Langfelde kommen, sonderlich ward Letzschkau am meisten genannt, und
waren die Russen diesem Dorfe nicht spinnfeind, weil die bauern hieraus
sogar alle weggelaufen waren, da in den andern beyden doch noch etliche
sich stil gehalten hatten. Allein durch Gottes Gnade, des hl. Gen.
Feld-Marchals Güte, auch theils meiner öftern hertzlichen Fürsprache /
denn der große Gott mich unverdientermaßen bey diesem herrn viel gnade
hatte finden laßen / ist die Feuers-Gefahr von diesen Orten, sowie vom
Schlosse Herrengrebin, als einem unmittelbaren Stadt-Gute doch immerfort
noch abgewandt geblieben und ward nach der Zeit auch im gantzen Werder
kein Feuer mehr geschühret, außer was auß Unvorsichtigkeit entstanden.
Zudem ist auch des hl. Feld-Marchals [Burkhard Christoph von Münnich],
als eines sonst generensen [großzügigen] Herrn Wille und Befehl nicht
gewesen, das untere Werder also zuzurichten; sondern die Cosaken, ein
böses Volk, so ...ordre pariert, haben es vor sich und muthwilliger
weise gethan; daß, wohnen in der Grod Ohra |
Mit den "Saßigen" dürften die
Bewohner von Saspe gemeint sein |
in
ihrem Quartier Ihro Excell. / so in des hl. burgM. Groddecks
Hoffe standen, wie der hl. Gen. Lacy im Pfarhause des seel. hl.
Jentzmann / nicht dies ungeheuer Feuer wahrgenommen, und durch 2
eiligst geschickte courirs ihm hätten Einhalt thun laßen; sie wol das
gantze weite Werder in Brand gesteckt hätten. Nun der Name des Herrn sey
gelobet, der uns hier so gnädig beschützet, und wie einen brand auß dem
Feuer gerißen hat! Und also wurden auch obbenannte dörfer erhalten, doch
in Letzschkau war nicht allein das Pfarhaus, sondern auch die Kirche
gäntzlich ruiniret und sehr übel zugerichtet, woby hl. Heining,
der zwar wol seine Person, aber sonst sehr wenig retiriert hatte, sehr
vieles, sonderlich seine artige bibliotheque fast gäntzlich eingebüßet.
In Käsemark ists nicht so hergegangen. Denn der dortige Schulmeister,
Gronau, hatte sich in Abwesenheit hl. Möllers, um beyderley
Kirche und Pfarrhauß, wol verdient gemacht, und durch Gottes Beystand
sonderlich die schöne neue Kirche in gutem Stand erhalten, daß auch
nicht ein Nagel daran ist versehret worden. In Letzschkau aber war zum
Unglück auch nicht einmal der Schulmeister vorhanden, so war keiner da
zugegen, welcher auf die Kirche recht acht gegeben hätte.
d. 13. May steckten die Russen den anderen
Neugarten, die Werder-Schidlitz und alle confinia [angrenzenden], wie
auch viel dörfer auf der Höhe in brand.
Eod.
Marchirte ein detachement Dragouner hirdurch und speisete der
ObristLeut. davon, Herr von Widder, bey mir, nebst dem Fürsten Dolkowski
einem Major, dem Fürsten Prosarovsky einem capitain und dem Graf
Chermetof einem Leutn. auch noch etl. andern officiers. |
Abraham Groddeck,
* Danzig 1673, † Danzig 1739, Bürgermeister von 1730 bis
1739
VFFOW - Danziger Tafeln: Groddeck
von Dorothea Weichbrodt (1986) Rhesa 1834:
Ohra:
Johann Gottfried Jetzmann, geb. 1678, welcher hier 1714 ins Amt trat und
1734 den 4. Mai starb, 56 Jahre alt.
Rhesa 1834: Letzkau:
18. Carl Gottfried Heinius, in Danzig geboren 1684 am 20. Aug., wurde
1727 hieher berufen, den 1. April ordinirt und starb 1745 den 31. Aug.
Rhesa 1834: Käsemark:
13. Nathanael Heinrich Möller, zu Danzig geb. 1683 denn 6 Septbr., wurde
1714 Katechet zu Herren-Grebin, 1721 den 16. Mai hieher berufen ... und
ward im Jahre 1739 nach dem Lazareth in Danzig als Prediger versetzt, wo
er 1748 den 2. April starb. |
d. 15. Paßirte der hl. Gen.FeldMarchal [Burkhard
Christoph von Münnich] hirdurch, von der Ohra kommend und hielt bey mir
Mahlzeit zum drittenmal und dieselbe gantze Woche waren wieder viel 100
Wagen mit ammunition und fertigen Gn. [Granaten] hirdurch nach der Höhe
ins Lager passiret. |
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den 16. und 17. Gingen hier über 300 Wagen mit
lauter blessirten durch. Und auch eben so viel oder mehr : da dann der
hl. Feld-M. [Burkhard Christoph von Münnich] bey der retour auß der
Nehrung wieder bey mir zum virdtenmal abtrate und etwas ausruhte, doch
ohne zu speisen, denn er schlummerte nur ein wenig. |
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den 15. biß 21. Ward der Stoltzenberg it. der
badergang am bischofs-berge von denen Schnaphahnen auf obrigktl. Befehl
weggebrandt. |
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den 20. Marchirte durch Großzinder ein Regiment
Donscher und ein Regiment Skalkaver Cosaken durch, welche letztere
trompeten und Paucken hatten : auch hatten sie wol auf 500 Stück Vieh,
an Kühen und Pferden auß der Nehrung mit sich geschleppet. Noch paßirte
1/2 Regim.Dragouner mit durch. |
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NB : [geschrieben nach dem Eintrag
vom 27. Juni]
den 20. May Ward ein Rußl. Leutnant (War ein ObristLeutnant oder
Pulkownik gewesen) der am Hagelsberge vor der Stadt bleßirt war und zu
Käsemark gestorben, zu Abend in unser Großzinder Kirche nach Rußl. Weise
mit räuchern und großem Ge... beygesetzt und blieb er die Nacht über
drin stehen auf den Morgen aber wurde er nach Gemlitz gebracht und
daselbst begraben. |
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den 21. Speiseten der Baron Mengden Adjutant des
FeldM. und hl. D. Nitzsch, deßselben Leib-Medicus, beyde mit der Post
von Petersburg kommend, bey mir.
Den 23. Major ??msdorff bey mir ge… |
eventuell Georg Albrecht von
Mengden, Vater des bei
Wikipedia aufgeführten Johann Karl
Friedrich von Mengden |
den 25. Marchirten hier 3 Regimenter Dragouner durch
und nahmen hier Nachtquartier : und ihr General, der Fürst Urussow hatte
sein quartir mit einer großen bagage und vilen leuten bey mir genommen,
doch habe ich nicht die allergeringste Ungelegenheit von ihm gehabt. |
Death of Louis Robert Hippolyte
de Bréhan, Count of Plélo, French Ambassador to Copenhagen, on 23rd of
May 1734, during the Siege of Danzig (Gdansk), attacking the enemy
Russians'camp on the Westerplatte. |
Eod. Hohlte diesen General der junge Fürst
Baratinsky, ein Major als courir bey mir ein und berichtete ihn, wie den
Tag die Sachsen vor Dantzig arriviret wären, und ihr lager in der
Langfuhr und in confiniis [Nachbarschaft] genommen hätten. Die Rußen
hatten sonsten drey Lager, nehml.
1)
im Ohrischen Niederfelde
2)
in Schönfeld
3)
in Tempelburg und
4)
zu Wonneberg die Cosaken.
Die
Frantzosen hatten hingegen ihres rechts der Münde. |
den 26. Passirte der hl. FeldM. [Burkhard Christoph
von Münnich]wieder nach der Nehrung und speiste bey mir zum fünftenmal. |
den 27. Thaten die Frantzosen, so unlängst auf 10
Schiffen 2400 M stark angekommen waren, zum erstenmal auß der Münde auf
die Rußen einen Ausfall, waren aber unglücklich, daß sie repousirt
wurden, und blieb ihr Anführer Marquis de Plelo Oberst und
frantzös. Ambassador am Königl. dänischen Hoffe und Ritter des St.
Ludwigs-Ordens, der als volontär mit hergekommen war, selber auff dem
Platz, denn er führte sein Regiment selbsten. |
Louis-Robert-Hippolyte de Bréhan, compte / Graf de
Plélo, * 1699, † Danzig 27.05.1734,
Bretone, will den polnischen König Stanislas Leczinski retten, greift
die russischen Truppen mit 1.500 Mann an und fällt dabei - seinen Tod
kündigt er vorab per Brief an. Er gilt in der französischen
Geschichtsschreibung als Held und wichtiger Intellektueller im "Zeitalter
der Erleuchtung". |
den 28. Retournirte der hl. FeldM. [Burkhard
Christoph von Münnich]und hielt zum sechstenmahl bey mir an, und speiste
auch, wobey ich den Stüblauern und Guttlandern ihr weggenommen horn-Vieh
alles wieder geschaft und...
In
diesen Tagen war nun auch die Nobel samt dem Ohrischen Niederfelde von
den Rußen weggebrannt worden, dass sie daselbst desto füglicher ihr
Lager haben konnten. Siehe sub dato 25. May. |
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