Auf dem Weichsel-Werder-Ring
Die Entdeckung der Langsamkeit im Jahr 2013


 

 

Von der Nogatmündung zur
Großen (Jacob Glodde) Buden Kampe

 

Wir fahren langsam in das ein, was heute als Hauptarm der Nogat gilt - früher wurde dieser Wasserlauf Westrinne genannt, und der Hauptarm der Nogat war der weiter östlich gelegene Landgraben. Trotz aller Wasserbauten am Ende des 19. / Beginn des 20. Jahrhunderts im Kontext des Weichseldurchstichs und obgleich die Nogat nur noch 3 Prozent des Weichselwassers erhält haben sich die Wasserläufe im Mündungsgebiet weiter verändert. Oder hat man da gezielt durch Ausbaggern nachgeholfen?

Die Westrinne geht in den Biberzug über. Und bald liegt auf der Backbordseite die Große Buden Kampe / Budy Wielkie. Weiter geht es bis zum Fähranleger. Zwischen 2009 und 2011 haben wir hier mehrmals übergesetzt, seit 2012 ist die Fähre verschwunden ... Vorsichtig legen wir an.

2009 waren wir zum ersten Mal hier gewesen, suchten die aus der Familienhistorie bekannte Gloddsche Kampe ... und konnten sie nicht identifizieren. Dabei waren wir darübergefahren - sie liegt östlich der Großen Buden Kampe.

Ein Berliner Glodde-Kollege half mir auf die Sprünge, beide - die Gloddsche Kampe sowie die Große Buden Kampe  - zu identifizieren. Seitdem waren wir in jedem Jahr hier, sind gelaufen, Fahrrad gefahren - jetzt also per Boot.

Belegt waren durch einen Ahnenpass seit langer Zeit die 4-fachen Urgroßeltern Jacob Glodde und Christina Baarwich in Zeyersniederkampen / Kępiny Wielkie. In der Landesaufnahme von 1772/73 wird mehrfach ein Jacob Glodde als Krüger und königlicher Weydeverwalter (des polnischen Königs) aufgeführt, u.a. in Zeyersniederkampen. Da der Name Glodde ziemlich rar ist, war der logische Schluss, dass es sich um unseren Altvorderen handelt. Aber es gab einige Ungereimtheiten.

Die Fähre 2010

Nachdem ich jetzt durch die Kirchenbücher von Zeyer und Elbing stöbere - das Kb von Zeyer beginnt 1774, davor ging man nach Elbing zur Kirche - verändert sich das Bild. Jacob Glodde starb 1825, 74 Jahre alt, geboren mithin 1751 - Geburts- und Heiratseinträge fehlen noch. Mit gerade etwas mehr als 20 Jahren wird er 1772 kaum königlicher Weydeverwalter gewesen sein, sondern eher sein Vater, unser 5-facher Urgroßvater Jacob Glodde, gestorben  1781 im Alter von 51 Jahren, Mitnachbar zu Zeyer, Groß Schipper, Weyde Verwalter und Kirchenvorsteher, in zweiter Ehe verheiratet mit Esther Wannow von der Laschkenkampe - da gibt es noch einige Lücken.

Der oben erwähnte Berliner Kollege fand im Geheimen Preußischen Staatsarchiv Dokumente von 1798 zu der Kampe:

Explication

Zum Plan von der Großen Buden Kampe
Kott Kampe und Lange Hacken, Sämtliches Land
gehörte ehmals dem Einsaßen Glodde, wovon derselbe
an die Sengers und Barwigs die Kott Kampe und Lange Hacken verkaufte welche damals betrugen 8 Huf : 12 m : Cut welsches aus der unten stehenden alten Berechnung auch zugleich aus der neuen Vermeßung Berechnung zu ersehen ist wie viel die außen Kampen sich vergrößert haben

die Richtigkeit attestiert
Koppin

Und es gibt einen Plan über die Parzellierung der Kampe. Ich brauchte Nachhilfe: Der Plan zeigt oben nicht Norden sondern ist verdreht. Dass bei einer Karte der Norden oben ist scheint eine Erfindung des 19. Jahrhunderts zu sein.

Die Namen der Parzelleninhaber lassen sich größtenteils lesen. Da ist eine Reihe von Barwig - in den Kb von Elbing so geschrieben, im Kb Zeyer geschrieben Baarwich - und Senger. Diese Senger gehören zu den Altvorderen von Mark Rabideau in Colorado, USA - www.Many-Roads.com.

Das große Gebiet auf der Karte oben: links, rechts: unten, wird als "Große Jacob Glodde Buden Kampe" bezeichnet. Mithin hat dieser oder sein Vater namens - vermutlich - Jacob Glodde, Fischaufkäufer und Bürger von Elbing, die Kampe urbar gemacht.

Schaut man sich die Kampe bei Guggel Öhrss aus der Luft an, stellt man fest, dass ein großer Teil Wegeführung, der Parzellen, der Entwässerungsgräben und die Lage der Gebäude seit mehr als 200 Jahren unverändert ist. Auf den Nogatkampen wurden die Häuser an den Rand der Kampen, nahe und erhöht an den Dämmen gebaut, da die Kampen bei Hochwasser und der Öffnung des "Überfalls" immer wieder unter Wasser standen. Seit der Regulierung der Nogat gibt es jetzt nur noch Hochwasser, wenn  Nordostwind Haffwasser in die Mündungsarme drückt.

Geht oder fährt man heute über die Kampe wird offensichtlich: Verglichen mit der Danziger Niederung ging und geht es hier auch heute bescheiden zu. Eine arme Gegend. Die Landesaufnahme von 1772/73 spiegelt dies wider, hier haben die die führenden Nachbarn vielleicht eine Hufe, dort vier und mehr Hufen. Und der Berliner Kollege, der nach der Bedeutung des Namens Glodde sucht, stellt fest, falls der Name aus dem germanischen kommt, kann er etwas mit einem Schmiedewerkzeug  - Glut - zu tun haben, falls er aber aus dem polnischen kommt - Glodny einschließlich Variationen - dann bedeutet er, die haben nichts, die sind arm dran ... aber: "Besser in der Niederung ersaufen als auf der Höh' verhungern."