Lebensberichte und Familienchroniken

Gottfried F.

Von Zoppot nach Australien - in vielen Schritten

30.06.2009

 

 

Carl Friedrich Oberle

Ach, was hab ich da nur angestellt? Habe mich von der Fessel befreit, der Fessel der "Chronologie" und nun habe ich den Salat. Weiß nicht vor und nicht zurück. Habe viele Zügel in der Hand, an jedem ein Fohlen des "Erinnern", mit seinem eigenen Willen und eigener, anderer Richtung. Wie soll das nun weiter gehen?? Es ist 3 Uhr Nachts. Ich bin wie der Tausendfüßler, der, befragt, wie er denn nur seine Beine zu bewegen wisse, erstarrt und nicht mehr vom Fleck kommt. Bin wie auf einem Floss auf der See. Aus jeder kleinen Welle winkt mir jemand zu: Ach ja! Schreib von mir! Ich bin noch da!! Lass mich nicht verkümmern in deinem alten Kopf!!

Nun, so greife ich denn in die Tasche jüngster Vergangenheit, um dann bald einen großen Sprung zurück zu tun.

 

Vor etwa zwei Wochen war ich für drei Tage in "Nabiac", einem kleinen historischen Städtchen, 250 km südlich von Nana Glen. Eine für mich bis dato unbekannte Gegend. Sah nicht viel von der Stadt, doch die Hügel, hoch und langgestreckt, habe ich bekrochen, und jetzt spüre ich sie immer noch in meinen alten Knochen.

Wir "Archer" hatten dort einen Wettbewerb im Bogenschiessen. Dass heißt, wir gehen in kleinen Gruppen von bis zu fünf Leuten durch die Gegend, von Target zu Target, und versuchen selbige in der Form von Rehen, Schweinen, Hunden, Bären, Löwen, Tiger, Truthähnen und anderen, alle in Lebensgröße und aus Gummi, mit einem Pfeil "tödlich" zu verwunden. Ein edler Sport. Sehr erhebend und anstrengend!!

Jedenfalls war es das, neulich in den Hügeln von Nabiac. Die Sonne stach uns aufs Gehirn, aber auch der Körper bekam genug davon ab. Es ging Berg auf, Berg ab, durch Gebüsche und

Nabiac: siehe Wikipedia - englisch

Lantana, eine dornige "Pest", von England eingeführt, wie einst die Kakteen und die Kaninchen. "Lantana" war eine Gartenzierpflanze in England. Hier jedoch ist sie eine riesige Qual, die auszurotten fast unmöglich ist. Sie überwuchert ganze Landstriche und Wälder. Hat auch noch kleine Widerhacken, die dich sehr zerkratzen können. Wir vergiften die Pflanzen, wo auch immer.

Nun, auf den Hügeln von Nabiac fühlt Lantana sich sehr wohl und zuhause. Eine Pest. Aber das war nicht alles was mir die Sache schwer machte. Nein, meine alten Knochen spielten da auch noch eine sprechende Rolle. Und dann, wenn man vorbei schoss, etwas, dass mir nur zu oft gelang, ja, dann kraucht man durch beschriebenes Unterholz auf der Suche nach dem teuren Pfeil. Das Unterholz hat kein Erbarmen. Es zerfleddert dich und oft behält es auch noch deinen Pfeil für immer.

Am ersten Tag schossen wir jeder 30 Pfeile, je einen Pfeil per Target. Ich bewältigte das innerhalb von 6 Stunden ohne Pause. Genauer: Es überwältigte mich. Die letzten 50 Meter zu meinen Wohnwagen bin ich fast auf allen Vieren gekrochen, oft unterbrochen, denn Krämpfe zuckten durch meine Beine wie Blitzgewitter. Oh, es hat mich sehr verdrossen, doch, als ein Archer, habe ich es natürlich sehr genossen. "Wie ein Mensch sich doch so quält, wenn es um seine Freude geht!!!" Der Gedanke ist mir gerade mal so aufgegangen, und nun, durch all dieses Gesagte, komme ich zu meinem angekündigten Sprung zurück in Jahre, wo ich sogar noch mehr gelitten habe als in Nabiac.

"Pest" ist englisch und steht für Seuche. Der Lantana (Lantana Camara) widmet die australische Regierung eine eigene Site, wo es u.a. heißt:

"Lantana is a Weed of National Significance. It is regarded as one of the worst weeds in Australia because of its invasiveness, potential for spread, and economic and environmental impacts."

... die weiteren Ausführungen bestätigen, dass das Zeug wirklich von Übelkeit ist!

Es war im Jahre 1964, denke ich, wo der Grundstein zu dieser Geschichte begraben liegt. Das war in Reutlingen. In der Tonne. Dem "Theater in der Tonne"!!

Doch jetzt mache ich erst mal eine kleine Pause und frühstücke, denn der Morgen graut, und meine Hunde scheuen schon, wollen auf die Strasse gehen …

Da bin ich nun wieder, doch muss ich gestehen, dass diese Pause ganze drei Monate gedauert hat. Inzwischen war ich in Deutschland zum großen Familientreffen...! Doch davon ein anderes Mal.

Jetzt werde ich einen Brief einfügen, den ich vor einiger Zeit erhielt. Er ist von Carl Friedrich Oberle.

Er ist nun mal ein, sehr berechtigter Weise, ein berühmter Bühnenbildner, den ich die Freude habe, zu kennen, und mit dem ich für viele Wochen habe zusammen arbeiten dürfen. Lang, lang ist’s her. Doch unvergesslich und schön. Hier sein Brief:

"Also, lieber Gottfried, das war 1984 im August, dass ich das erste Mal nach Sydney kam, um mir das Opernhaus anzusehen und euch alle kennenzulernen. Ich rief die Annette an und sagte: ‚Schau doch mal in meine alten Programmhefte aus Reutlingen, hier gibt’s einen Gottfried, mir dämmert was!’

Dann kam ich 1985 mit dem ‚Zauberflötenmodell’, und wir fingen das erste Mal an, zu nudeln. Mit großem Erfolg. Bis dahin hatte ich an deutschen Opernhäusern immer nur gehört: ‚Wie stellen Sie sich das vor?!" Problemsolving war ein Fremdwort.

Im Januar 1986 fing Göran Järvefelt mit den Proben an und wäre vor der Premiere am 17. Februar fast abgereist, weil sich der olle Richard Bonynge in die Regie einmischte und nicht wollte, dass die drei Damen ihre Röcke lüpften.

Und weil es uns und euch allen so gefiel kamen wir wieder. Moffat hatte mit dem Göran jede Menge Pläne gemacht. So kam ich 1987 mit der gewaltigen roten Treppe für POPPEA, und wir beide gingen erstmals bushwalking in den Blue Mountains. Im Februar 1988 gab’s dann die POPPEA Premiere. Göran liebte diese Zeit der Opernsaison in Sydney, da er dann weit weg vom kalten Schweden war. Im selben Jahr machten wir noch bei John Gaden in Adelaide TRAUMSPIEL.

Leider starb Göran dann im November 1989 an Aids. Aber die Pläne, die er mit Moffatt ausgeheckt hatte, gingen weiter:

1998/90 COSI VAN TUTTI

1990/91 DON GIOVANNI, LA CLEMENZA DI TITTO, ROSENKAVALIER

1992/93 IDOMENEO und PARSIFAL, aus dem dann erst mal nix wurde

1995/96 MAKROPULOS SECRET mit dem Neil und auch

1998/99 BILLY BUDD

Meine Reisen nach Sydney waren so zahlreich und immer fühlte ich mich besonders wohl in der Atmosphäre, die damals in der Company herrschte. Besonders bei Dir und Deiner Truppe. Mit Ausnahme der Head of Costumes. Da gab’s einige seltsame Wechsel, die nicht besonders förderlich waren.

Görans Buch heisst: Opera Regi, ett soekande efter maennniskan, herausgegeben bei Bonniers, 1990."

Der Rest geht nur mich was an....!


 

Ich sende euch diese Zeilen, weil es die Situation, von der ich berichten will, viel knapper und ganz richtig ins Bild setzt, als ich es könnte. Sagen will ich jedoch, dass "Frieder”, wie wir ihn alle nennen, ein ziemlicher Riese ist. Größer als ich, und auch ich bin kein Zwerg (jedenfalls damals noch nicht.) Er war und ist mir der Liebste aus der großen Zahl von Bühnenbildnern, mit denen ich das Glück hatte, zusammen arbeiten zu dürfen! (Da muss ich jedoch, um der Sache gerecht zu werden, das Vorige "dürfen” bedauerlicher Weise in einigen Fällen mit dem Wort "müssen" vertauschen. Einige waren nicht nach meinem Geschmack und recht quälende Geister. Auch das Wort "Geister oder Geist" war nicht immer zutreffend. Oh ja! Hart ist das Leben an der Küste. Könnte davon ein paar Lieder singen…!

Doch nun zurück zu Frieder. Kennen gelernt habe ich ihn das erste Mal überhaupt für nur einen kurzen Augenblick in Reutlingen im "Theater in der Tonne”, einem Kellertheater, in dem ich als Schauspieler und, wie jeder andere dort, als Mädchen für alles tätig war. Das heißt: Bühnenarbeiter und Schreiner, Lastwagenfahrer und Saubermacher. Ungefähr fünf Jahre, die ich dort gelebt, gelitten und genossen habe. Eine unvergessliche Zeit, auf die ich hoffentlich noch mal Gelegenheit finde, zurückzukommen.

Theater in der Tonne, Reutlingen

Tonne Theaterverein

Haus Geiselhart, in dessen Keller 1958 das Theater in der Tonne begann



 

Carl Friedrich Oberle

CV - Staatstheater Nürnberg

Carl Friedrich Oberle Sydney

Oberle & Järvefelt & Zauberflöte 1991

Gottfried 19xx (ohne Perücke)

Die von Frieder erwähnte rote Treppe ist ja leicht zu identifizieren ... das andere nicht, zumal Gottfried keine Erläuterungen beigefügt hat.

Und wenn man auf der Website der Sydney Opera sucht ... bislang ein einziger Frust.

Alf André, Intendant

Urfaust, 1961

Also Frieder tauchte eines Tages in der Tonne auf mit, ich glaube, seinem ersten Bühnenbild unterm Arm. Ich habe vergessen was es war, denn schon bald reiste ich nach Kiel ab, wo ich für die folgenden drei Jahre als Schauspieler angestellt war.

Den sehr jungen, doch auch damals schon sehr großen Frieder vergaß ich jedoch nicht.

1968 war ich dann ja nach Australien ausgewandert, fand sofort Arbeit. Und das ist wieder eine Geschichte, zu der ich wohl auch noch mal kommen werde. Heute jedoch, springe ich sofort in das Jahr 1987.

Nun versteht ihr den Friederbrief. Wir kannten uns also schon recht gut durch vergangene Arbeit, die immer aufregend und freudevoll war.

Ich wusste jedoch nicht, dass Frieder ein "gewaltiger Wanderer” ist, der, wo immer ihn sein Beruf hinweht, die Gegend erforscht und unsicher macht, im Alleingang Gletscher besteigt, Urwälder entwurzelt und sich überhaupt Gefahren aussetzt.

1987 war ich schon seit sechs Jahren der Workshop Director der "Australian Opera” und aufs Engste mit Frieder verbunden. Irgendwann fragte er herum, wer wohl mit ihm auf eine Buschwanderung in den "Blue Mountains” gehen wolle. Die Wahl fiel ganz natürlich auf mich Ahnungslosen.

Freudig stimmte ich zu. Wir packten etwas Wasser und Essen in meinen kleinen Daihatsu-4WD-Laster und fuhren die etwa 60 km in die "Blauen Berge”.

Dazu heißt es in der Beschreibung der Anfangszeit der Tonne 1958/59 u.a.:

"In den folgenden Monaten sah der Theaterbetrieb so aus: Gespielt wurde nur Freitag, Samstag und Sonntag. Es bestand kein festes Ensemble, die Schauspieler wurden von Produktion zu Produktion neu zusammengesucht. Gagen gab es nicht, alle Mitwirkenden verdienten ihr Geld anderweitig. Im Funk, wie Christoph Eichler oder, wie Gottfried F., als Bühnentechniker im Staatstheater Stuttgart. Der Herr Intendant fuhr immer noch Taxi. Marianne André, die nach eigener Aussage ja eigentlich gar nichts mit dem Theater zu tun hatte, wurde zum unentbehrlichen Mädchen für alles: Vor der Vorstellung saß sie an der Kasse, während der Vorstellung bediente sie die Technik (deren damaliger Standard höhere Ansprüche an den Bedienenden stellte, als das heute der Fall ist), sie klebte Plakate und half bei der Stückauswahl. Somit war Marianne André also nicht nur Intendantengattin, sondern gewissermaßen auch die erste Dramaturgin der Tonne."

Kleine Zwischenbemerkung:
Da hatte ich doch schon mal nach "Gottfried F." geguggelt und abgesehen von "Kai in der Kiste" recht wenig gefunden. Und nun sehe ich durch Zufall, dass der Herr auch schon mal unter seinem Taufnamen tätig war. Guggelt man diesen Namen stößt man im Oktober 2009 auf sagenhafte 3.050 Einträge (!!!) und als erstes auf

"Ferkelvermarktung Gottfried F.
Wir unternehmen was! Ihr privates und unabhängiges Ferkelgeschäft · Wir bewegen was! Kostengünstige und artgerechte Transporte · Wir bieten was! ..."

... die restlichen 3.049 Einträge werde ich mir wohl ersparen ...

Sie heißen Blue Mountains, weil die Eukalyptusbäume in der Hitze ihre öligen Ausdünstungen in die Landschaft schleudern, was aus der Ferne wie ein blauer Dunst aussieht. Diese Berglandschaft war einmal eine flache Hochebene, in die im Laufe der Zeit das Wasser von Niederschlägen tiefe Täler schnitt. Als die Europäer erstmals versuchten, die Berge zu erforschen und zu überqueren, scheiterten sie recht furchtbar und lebensgefährlich, denn sie folgten immer den tiefen Tälern und standen dann nach langer Mühsal unfehlbar vor einer steilen Wand ohne jede Möglichkeit, aus dem Kessel herauszufinden. Zudem mussten sie sich durch dichtes Gebüsch und Unterholz durchquälen und kamen dann oft nicht mehr zurück sondern ganz einfach um.

Lange Jahre dauerte es, dass jemand die glorreiche Idee hatte, nicht in den Tälern, wie in den Alpen, entlang zuziehen, sondern auf die Höhen zu klettern, die ja mal eine Ebene gewesen waren. Und siehe, auf einmal ging's. Immer noch höchst beschwerlich und gefährlich, jedoch waren da immer irgendwie verbindende Landbrücken, die ein Weiterkommen ermöglichten.

Frieder und ich fuhren also nach Katoomba. Das ist ein kleiner berühmter Ort schon recht tief in den Bergen. Auf einem hohen Plateau gelegen ist Katoomba von unendlich weiten und tiefen Schluchten umgeben. Die Wände fallen senkrecht zur Talsohle ein paar 100 Meter hinab. In der Ferne kann man die gegenüber liegenden Wände in rot-gelben Sandstein leuchten sehen. Die Täler sind dicht bewaldet und das Ganze sieht gewaltig, wunderbar aus.

Blue Mountains - Wikipedia - deutsch
mit Links zu diversen englischsprachigen Sites.

Blue Mountains - Wikipedia - englisch

 

In einem diese Täler wollten wir beide also bis zum Ende und wieder zurück wandern. Es führt nur ein einziger Weg hinunter ins Tal, und zwar über schmale Laufstege und Treppen, die zum Teil im Zickzack in die Wand gehauen oder angehängt sind. Ich weiß nicht mehr, wie tief es da hinunter geht, doch wenigstens 500 Meter an senkrechten Wänden entlang und über lang gestreckte Pfade und unendliche Treppen.

Das Auto parkten wir auf dem kleinen Parkplatz auf dem Plateau, dort, wo die Treppen anfingen. Mit Proviant und vor allem Wasser machten wir uns auf den Weg.

Einschieben muss ich, dass es eine Freude ist, mit Frieder zusammen zu sein. Vom Temperament her sind wir verschieden. Er strahlt Ruhe und Sicherheit aus und ist sehr besonnen. Man fühlt sein beobachtendes Denken. Ruhig und ohne Eile setzt er Fuß vor Fuß, gleichgültig, ob es bergauf oder -ab geht. Nie ist er außer Atem und immer happy.

Ich nun, bin etwas anders gewickelt. Ich bewegte mich (wenigstens in jenen Zeiten) rasch und begeistert von der ungewöhnlichen und schönen Landschaft. Immer war ich zu rasch voraus, wartete dann etwas auf Frieder, um bald wieder voraus zu sein. Ich gestehe, ich wunderte mich ein wenig, warum er immer im gleichen Tempo ging, auch während der leichten Stellen des Weges. Ich weiß, dass ich mich etwas überlegen fühlte. Temperamentvoller.

Als wir unten ankamen es ging ja immer nur runter, fast wie im freien Fall muss ich jedoch in den Beinen schon etwas gespürt haben, denn ich passte mich nun recht rücksichtsvoll Frieders Tempo an, das nach wie vor immer gleich blieb. Wir wanderten die Talsohle entlang durch schöne Wälder, traten beinahe auf eine dicke, zwei Meter lange "Black Snake” (tödlich), die aufgerollt auf unserem schmalen Pfad lag und sahen überhaupt viele Dinge die uns Freude machten.

Das Tal war ewig lang und das Ende nie in Sicht. Mal rasteten wir und aßen etwas. Auch konnten wir uns immer sehr gut unterhalten.

Ich muss gestehen, dass er mir öfter riet, nicht so schnell voraus zu rennen, sondern mir meine Kräfte gleichmäßig einzuteilen. Er hatte sehr viel Wandererfahrung und hatte wohl sehr recht mit seiner Warnung, die zu befolgen ich mich sehr bald gezwungen sah.

Irgendwann kam dann doch mal ein Punkt, wo ich dachte und hoffte, dass wir weit genug gegangen wären und ernsthafte Müdigkeit sich in mir und den Beinen bemerkbar machte. Natürlich hielt ich solche Gedanken für mich selber, denn ich war ja doch ein starker Mann, der auch den Frieder beeindrucken wollte.

Immer noch entfernten wir uns von dem einzigen Ausweg aus dem Talkessel, mussten also die ganze Strecke noch einmal zurücklegen. Mir wurde doch recht mulmig, muss ich gestehen.

Es muss schon Nachmittag gewesen sein, als auch Frieder an den Rückweg dachte. Er war noch immer ganz frisch und voll stillem Vergnügen.

Ich jedoch verspürte zunehmend ein gewisses Zittern in den Knien und meine Lungen machten sich auch bemerkbar.

Bald war es auch Frieder klar, dass ich den Mund wohl etwas zu voll genommen hatte. Ich war ein Kurzstreckenrenner, der keine großen Reserven und eine sehr begrenzte Ausdauer hatte, was das Wandern anbelangte. Langsam wurde deutlich, dass ich auf dem letzten Loch zu pfeifen begann, und wir waren noch weit entfernt von dem Treppenaufstieg. Krämpfe stellten sich ein. Schlimme Krämpfe in den Beinen. Es war nun Frieder, der auf mich warten musste. Oft musste ich ganz anhalten und die Krämpfe massieren …und noch ein paar Stunden nach Buffalo!!!!!!!

Wir kamen zur Treppe. Ich konnte schon fast nicht mehr. Es begann zu Dunkeln. Frieder war sehr ermutigend, konnte aber nicht verhindern, dass ich richtig schlapp machte. Nur in ganz kleinen Intervallen konnte ich vorwärts und aufwärts krauchen. Die Krämpfe waren fast unentwegt ungeheuerlich. Die letzten 100 Meter bis zum Rand des Plateaus und die 50 Meter bis zum Auto bin ich auf allen Vieren gekrochen. Das ist die nackte Wahrheit.

Es war schon stockdunkel. Ich zog mich ins Auto, konnte aber nicht fahren vor Krämpfen und Erschöpfung.

Frieder setzte sich ans Steuer und auf ging es 60 Kilometer heim. – Dachten wir!!!!

Nach etwa 30 km waren wir wieder im flachen Land in dunkler Nacht. Da hatten wir einen Platten im rechten Hinterrad. Keine Taschenlampe dabei.

Ich hatte mich schon ein bisschen erholt, war aber noch ganz zitterig und den Krämpfen immer noch nahe. Konnte jedoch das Werkzeug auspacken, das Reserverad fertig machen und beginnen, den Wagen anzuheben, was auch ein Stückchen weit gelang. Aber nur bis der verteufelte Wagenheber den Geist aufgab. Er zerbrach einfach im Gewinde. Ich sagte schon, ich hatte einen kleinen 4WD Lastwagen mit einer 2x2 Meter Ladefläche. Dieser musste nun hochgehoben werden. Erstmal suchten wir nach Steinen und anderes zum darunter schieben. Da war einfach nichts in der ganzen Gegend zu finden.

Auch war es stockdunkel und ich glaube, geregnet hatte es da vor nicht langer Zeit. Eine Hölle.

Wir hatten keine Wahl, sonder mussten die Radmuttern abnehmen und das Rad abschütteln, was endlich gelang. Nun saß die Achse auf der Strasse. Dann mussten wir irgendwie das Reserverad anbringen. In der Verzweiflung wuchsen die Kräfte. Ich war nicht sehr beweglich, konnte aber noch in einer Richtung Stärke zusammenkratzen. So schob ich mit dem Rücken gegen den Truck, hob selbigen hoch, und Frieder hatte die fast aussichtslose Aufgabe, im Dunkeln das schwere Rad auf die Schrauben zu fädeln, während ich den "Wagenheber” spielte. Ein Spiel war das Ganze jedoch nicht. Verzweiflungsvoll war es. Lange dauerte es. Doch endlich gelang es. Einfach weil es gelingen musste.

Gottfried mit Hut nach dem Buschspaziergang

Spät kamen wir heim. Vergessen können wir es nie. Gerade war ich doch in Germany und wollte Frieder besuchen. Da Hans jedoch im Krankenhaus lag, da er sich hingebungsvoll eine Theatertreppe hatte runterfallen lassen, was seinem Kopf gar nicht recht gewesen war, konnten wir nicht wie geplant nach Tübingen fahren. Ich habe jedoch noch lange mit Frieder telefoniert. Auch ist er einer meiner ewigen Freunde, der unsere Website besuchen kann. Dieser Bericht ist ganz gewiss auch ihm gewidmet.

Genug für heute. Mir tut schon alles weh.

Ich geh’ jetzt und beiße ein Brot in den Hintern. Mit Genuss!!
 

333 m ... laut Website ... ist auch ganz schön tief ...

Die Giant Staircase / Große Treppe

... sieht doch recht komfortabel aus !???