Jenny
Bulcke wurde 1846 in Güttland an der Mottlau als 3. Kind und 3. Tochter
des Hofbesitzers Richard Bulcke und seiner Ehefrau Emilie, geb.
Deschner, geboren. Sie nahm schon als Schülerin an Schreib-Wettbewerben
teil. 1874 heiratete sie den Güttländer Pfarrerssohn und späteren
Kaufmann Fritz Wüst. Die Ehe blieb kinderlos, und so blieb Jenny Zeit
zum Schreiben. Sie gehörte zu den wenigen Autoren, die im Danziger Platt
schrieben, ihre Texte in der „Muttersproak“ zu Papier brachten und in
Zeitschriften und Büchern veröffentlichte. Als Beispiel seien ihr
Gedicht „Dat grote Glück“ und „Erinnerungen einer alten Werderanerin“
genannt, letzteres entstand 1910.
Hier
folgend ist ihre Zusammenfassung der Bulckeschen Familiengeschichte zu
lesen, also die ihrer eigenen Vorfahren. Es handelt sich um die älteste
bislang bekannte genealogische Schrift in der Danziger Gegend
geschrieben von einer Frau.
Die
von ihr genannten Daten übernahm ich unverändert aus der mir
vorliegenden Abschrift. Selbst, wenn diese vielleicht nicht immer ganz
genau stimmen sollten: Die Verwandtschafts-verhältnisse und
Lebensumstände werden deutlich durch Jenny Wüst-Bulcke geschildert.
Der
Name Bulcke tauchte bereits in den Aufzeichnungen zur Familie Wüst auf
und wird auch in den Büchern der Familie Wannow aufgeführt. Alle drei
Familien lebten eine Zeit lang als Nachbarn gemeinsam in Güttland. Und
wie es unter Nachbarn üblich ist: Es schaute der eine manchmal auf den
anderen etwas abfällig herab, der andere auf den einen aber auch. Und
der dritte hielt sich etwas zurück und betrachtete das Miteinander mit
Schmunzeln. Da die Familien mehrfach versippt und verschwägert waren,
scheinen die Sympathien letztendlich doch überwogen zu haben!
Jennys Ehemann Fritz Wüst verstarb 1912 in Danzig, wo sie mit ihm in der
Hintergasse gelebt hatte. Sie selbst verstarb Ende 1932 und wurde Anfang
Januar 1933 zu St. Johannis in Danzig beigesetzt.
Heidrun Grützmacher
im April 2021
Bulcke Familie, Jenny in der obersten Reihe im
hellen Kleid
Jenny
Wüst - Chronik der Familie Bulcke
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Jenny Wüst:
De Hagebotte
Aus dem
Danziger Heimatkalender 1925
De Hagebotte
Em Winter, wenn der Schnee sin Dunendeck
Op't Warder legt,
So dat jedwider Pahl, jedwide Weed
'ne Schneehuw drägt,
Denn ligt wie dod dat Land,
Blot dat vom Grawenrand
Dat oppbletzt glöhgendrot en Dorrn, en Is on Schnee
Dat kömmt vom Rosebosch. Tor Soamerstid,
As he so grön
Noch stunn in siner vollsten Blomenpracht,
Wie lät em schön!
Doch as de Stormwind käm,
De Ros' ehr Bläder nähm,
Drog Hagebott' de Bosch en Doorn, en Is on Schnee
Dem Bosch glickt onser Hart, denn es uck längst
Sin Blöhgtid om,
Se bringt em Frucht, de lange Winter es
Nich trurig d'rom!
Wie Habebotte rot,
So glöhgt em Awendrot
Erinn'rung opp, trotz Doorn, on Is on Schnee!
Jenny Wüst:
De dree Wiedenböm
Dree Wieden stahn am Mottlautand,
ehr Stand es höhger as rings dat Land.
Ehr Kron reckt sick tom Himmelsdom,
so wasst hier sonst keen Widenboom!
Blot disse lät man wassn stell
wie ehr Natur on Gott dat well!?!
Joa, weet Ji nich, dat hier en’t Land
de Böm as Grawmoal send geplant,
as Teeken, dat de Erd hier deckt
veel Warderlüd, de hengestreckt
tom ew’gen Schlap hier rohen all,
von Möh on Not, na korter Qual!?!
De starkste Mann, he muß heraw,
dat schockste Mäken, sunk ent Graw.
De Chol’ra deed’t! De mak veel stell,
as se moal Aust em Warder höll. -
De Därpskarlhof wär bold bestellt,
da grow de Dodgen man en’t Feld.
Twoar Arme blot läd man dvar hen,
doch Gott schätzt se nich schlechter en,
as wenn ehr Graw deckd Marmosteen.
Se schlapen hier ick sanft on schön.
Se hhä’n ehr Deel an Gottes Roh,
on Heimaterd, de deckt en to. - - - -
Weiht Värjoahrschwind dat Feld entlang,
klingt ut de Wieden söter Sang,
on Lewark schwingt sick op tom Licht,
so wie `ne Seel, de opwarts stigt. - - -
„Verkannt“: Geschichte aus dem Danziger Werder zur Zeit der
Franzosenherrschaft, 1914 - pdf
Mit Widmung an einer "lieben" Hannah, später gehört das Büchlein
offensichtlich einer Else Fuhrmann.
„Dat
grote Glöck“: Erinnerungen einer alten Werderanerin
Beides in der Danziger Zeitung veröffentlicht, wie wohl auch anderes in
der Beilage „Heimat und Welt“ |
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