Lebensberichte & Familienchroniken

Jenny Wüst, geb. Bulcke:
Chronik der Familie Bulcke

im Mai 1898

aktualisiert 07/2021
 

 

Jenny Bulcke wurde 1846 in Güttland an der Mottlau als 3. Kind und 3. Tochter des Hofbesitzers Richard Bulcke und seiner Ehefrau Emilie, geb. Deschner, geboren. Sie nahm schon als Schülerin an Schreib-Wettbewerben teil. 1874 heiratete sie den Güttländer Pfarrerssohn und späteren Kaufmann Fritz Wüst. Die Ehe blieb kinderlos, und so blieb Jenny Zeit zum Schreiben. Sie gehörte zu den wenigen Autoren, die im Danziger Platt schrieben, ihre Texte in der „Muttersproak“ zu Papier brachten und in Zeitschriften und Büchern veröffentlichte. Als Beispiel seien ihr Gedicht „Dat grote Glück“ und „Erinnerungen einer alten Werderanerin“ genannt, letzteres entstand 1910.

Hier folgend ist ihre Zusammenfassung der Bulckeschen Familiengeschichte zu lesen, also die ihrer eigenen Vorfahren. Es handelt sich um die älteste bislang bekannte genealogische Schrift in der Danziger Gegend geschrieben von einer Frau.

Die von ihr genannten Daten übernahm ich unverändert aus der mir vorliegenden Abschrift. Selbst, wenn diese vielleicht nicht immer ganz genau stimmen sollten: Die Verwandtschafts-verhältnisse und Lebensumstände werden deutlich durch Jenny Wüst-Bulcke geschildert.

Der Name Bulcke tauchte bereits in den Aufzeichnungen zur Familie Wüst auf und wird auch in den Büchern der Familie Wannow aufgeführt. Alle drei Familien lebten eine Zeit lang als Nachbarn gemeinsam in Güttland. Und wie es unter Nachbarn üblich ist: Es schaute der eine manchmal auf den anderen etwas abfällig herab, der andere auf den einen aber auch. Und der dritte hielt sich etwas zurück und betrachtete das Miteinander mit Schmunzeln. Da die Familien mehrfach versippt und verschwägert waren, scheinen die Sympathien letztendlich doch überwogen zu haben!

Jennys Ehemann Fritz Wüst verstarb 1912 in Danzig, wo sie mit ihm in der Hintergasse gelebt hatte. Sie selbst verstarb Ende 1932 und wurde Anfang Januar 1933 zu St. Johannis in Danzig beigesetzt.

Heidrun Grützmacher
im April 2021

Bulcke Familie, Jenny in der obersten Reihe im hellen Kleid

Jenny Wüst - Chronik der Familie Bulcke
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Jenny Wüst:

De Hagebotte

Aus dem Danziger Heimatkalender 1925

De Hagebotte

Em Winter, wenn der Schnee sin Dunendeck
Op't Warder legt,
So dat jedwider Pahl, jedwide Weed
'ne Schneehuw drägt,
Denn ligt wie dod dat Land,
Blot dat vom Grawenrand
Dat oppbletzt glöhgendrot en Dorrn, en Is on Schnee

Dat kömmt vom Rosebosch. Tor Soamerstid,
As he so grön
Noch stunn in siner vollsten Blomenpracht,
Wie lät em schön!
Doch as de Stormwind käm,
De Ros' ehr Bläder nähm,
Drog Hagebott' de Bosch en Doorn, en Is on Schnee

Dem Bosch glickt onser Hart, denn es uck längst
Sin Blöhgtid om,
Se bringt em Frucht, de lange Winter es
Nich trurig d'rom!
Wie Habebotte rot,
So glöhgt em Awendrot
Erinn'rung opp, trotz Doorn, on Is on Schnee!

Jenny Wüst:

De dree Wiedenböm

Dree Wieden stahn am Mottlautand,
ehr Stand es höhger as rings dat Land.
Ehr Kron reckt sick tom Himmelsdom,
so wasst hier sonst keen Widenboom!
Blot disse lät man wassn stell
wie ehr Natur on Gott dat well!?!
Joa, weet Ji nich, dat hier en’t Land
de Böm as Grawmoal send geplant,
as Teeken, dat de Erd hier deckt
veel Warderlüd, de hengestreckt
tom ew’gen Schlap hier rohen all,
von Möh on Not, na korter Qual!?!
De starkste Mann, he muß heraw,
dat schockste Mäken, sunk ent Graw.
De Chol’ra deed’t! De mak veel stell,
as se moal Aust em Warder höll. -
De Därpskarlhof wär bold bestellt,
da grow de Dodgen man en’t Feld.
Twoar Arme blot läd man dvar hen,
doch Gott schätzt se nich schlechter en,
as wenn ehr Graw deckd Marmosteen.
Se schlapen hier ick sanft on schön.
Se hhä’n ehr Deel an Gottes Roh,
on Heimaterd, de deckt en to. - - - -
Weiht Värjoahrschwind dat Feld entlang,
klingt ut de Wieden söter Sang,
on Lewark schwingt sick op tom Licht,
so wie `ne Seel, de opwarts stigt. - - -

„Verkannt“: Geschichte aus dem Danziger Werder zur Zeit der Franzosenherrschaft, 1914 - pdf
Mit Widmung an einer "lieben" Hannah, später gehört das Büchlein offensichtlich einer Else Fuhrmann.

„Dat grote Glöck“: Erinnerungen einer alten Werderanerin

Beides in der Danziger Zeitung veröffentlicht, wie wohl auch anderes in der Beilage „Heimat und Welt“

 


Von Jenny Wüst erstellter Stammbaum, der später ergänzt / korrigiert wurde: